Enzian – Porträt der blauen Seltenheit

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Flora & Fauna Schweiz, Naturzentrum Thurauen
Er ist auf dem Fünfliber zu sehen, in der Apotheke zu kaufen, als Tee zu trinken und er war in den 50er-Jahren Namensgeber eines Zugs – der Enzian lenkt mit seiner auffälligen blauen und violetten Farbe die Aufmerksamkeit auf sich.

Enzian – Porträt der blauen Seltenheit

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Flora & Fauna Schweiz, Naturzentrum Thurauen
Er ist auf dem Fünfliber zu sehen, in der Apotheke zu kaufen, als Tee zu trinken und er war in den 50er-Jahren Namensgeber eines Zugs – der Enzian lenkt mit seiner auffälligen blauen und violetten Farbe die Aufmerksamkeit auf sich.

Langsam aber sicher hält die kalte Jahreszeit Einzug und vertreibt auch die letzten Blumen, die den kürzer werdenden Tagen trotzen mochten. Im September und Oktober konnten Besuchende im lichten Wald in den Thurauen den Deutschen Enzian (Gentiana germanica) und den Gefransten Enzian (Gentiana ciliata) entdecken, dessen Name von seinen gezackten und gefransten Blütenblättern herrührt. Der Gefranste Enzian (siehe Bild oben) blüht erst im Spätsommer und gehört somit zu den wenigen Blumen, die im Herbst noch Farbtupfer in die grünen Wiesen bringen.

Deutscher Enzian (Gentiana germanica)

Der Deutsche wie auch der Gefranste Enzian wachsen bevorzugt auf kalkhaltigem Boden in nährstoffarmen Magerwiesen. Magerwiesen, wie zum Beispiel jene im lichten Wald in den Thurauen, müssen regelmässig gemäht oder von Tieren abgegrast werden, sonst würden die Flächen verbuschen. In den Thurauen werden Magerwiesen durch aktive Pflege erhalten, um seltenen Arten wie dem Enzian und den von ihm abhängigen Insekten einen Lebensraum zu bieten. Damit sich auch spät blühende Arten wie der Gefranste Enzian versamen können, werden einige Wiesen in den Thurauen erst nach dem 1. November gemäht. Ausserhalb von Schutzgebieten führt vielerorts die intensive landwirtschaftliche Nutzung der Flächen zu einem Rückgang der Magerwiesen. Auch viele andere Enzianarten leiden unter dem Schwund ihres Lebensraums. So steht der Enzian in der Schweiz mittlerweile fast überall unter Schutz.

Lichter Wald in den Thurauen im Oktober: Hier blüht noch immer der Enzian.

Der schöne Enzian ist auch abseits der Natur anzutreffen

Durch seine Farbe, seine Seltenheit und wegen seines Schutzstatus ist der Enzian ein beliebter Symbolträger. Auf dem Fünffrankenstück beispielsweise stellt er zusammen mit dem Edelweiss und einem Alphirten ein Abbild der traditionellen Schweiz dar und in «Blau blüht der Enzian» wurde die Blume vom deutschen Schlagersänger Heino besungen. Ab 1952 verkehrte in Deutschland sogar ein Fernverkehrszug, der den Namen «Blauer Enzian» trug. Nach mehreren Fahrplan- und Streckenänderungen ging der Name verloren, bis 2017 die Österreichischen Bundesbahnen den Traditionsnamen wieder aufgriffen. Heute fährt der «Eurocity 112/113 Blauer Enzian» zwischen Frankfurt und Klagenfurt.

Schönheit ist nicht alles

Schon seit dem Mittelalter findet der Enzian auch in der Medizin und der Küche Verwendung. Der Enzian ist reich an Bitterstoffen, die ihm in der Natur als Schutz vor Fressfeinden dienen. Für medizinische Zwecke verarbeitet man die Wurzeln des Gelben Enzians (Gentiana lutea), dessen Blüten gelb statt dem typischen Blau sind. In der Wurzel enthaltene Bitterstoffe fördern die Bildung von Speichel und Magensäure und regen dadurch den Appetit und die Verdauung an. Meist kommen die Bitterstoffe in Form von Tropfen daher, aber auch in Teemischungen kann die Enzianwurzel hinzugefügt werden. Ebenfalls aus der Enzianwurzel hergestellt wird Schnaps. Während des Destillationsvorgangs gehen die Bitterstoffe verloren, weshalb der Enzian-Schnaps keine verdauungsfördernde Wirkung besitzt. Der Gelbe Enzian kommt in den Thurauen nicht vor.

«Ade Blütezeit»

Nun müssen wir uns eine Weile gedulden, bevor wir uns wieder an der vielfältigen Blütenpracht der Magerwiesen erfreuen können. In der Zwischenzeit bringen uns dafür der Spätherbst und Winter ihren Charme und in der Natur geht es etwas ruhiger, aber nicht minder interessant zu und her. In unseren Winterangeboten im Naturzentrum stellen wir Ihnen die Winterstrategien der Tiere und Pflanzen vor.

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